Montag, 27. Januar 2014

Warum ich jedes Mal sage "Nie wieder!"

In 15 Stunden könnte man 3 Marathons rennen, oder 2 dicke Bücher lesen, oder eine Doppelschicht arbeiten, oder ein komplettes Haus einem Frühjahrsputz unterziehen, oder viele andere sinnvolle Dinge tun.
Man kann sich aber auch in 7 verschiedene Züge setzen und erfahren, wie groß Deutschland ist.

Das Reisen mit dem Schönes-Wochenend-Ticket der Deutschen Bahn hat viele Vorteile. Es ist sehr günstig, zum Beispiel. Und... naja, das war es eigentlich auch schon. Aber es ist eben günstig. Für 7,30€ bin ich von Berlin bis nach Baden-Württemberg gekommen.
Das Reisen mit dem SW-Ticket ist aber nicht einfach Reisen. Es ist eine Herausforderung, der sich nur die Kühnsten stellen. Es ist ein Abenteuer voller Überraschungen, die schon lange vor Reisebeginn bei der Organisation und Suche der 4 Mitfahrer beginnen. Da wird munter gebucht und storniert, diesmal bis halb fünf Uhr morgens, anderthalb Stunden vor Fahrtbeginn. Es ist eine Prüfung, so eine Bahnfahrt. Erinnert beinahe schon an einen Pilgerweg, an dessen Ende man sich geläutert und voll Reue verspricht, so etwas nie wieder zu tun. Für den öffentlichen Nahverkehr der Deutschen Bahn muss man wirklich besonders mutig sein. Oder besonders bescheuert.

Letzteres traf wohl auf die Gruppe von 16-18 Jährigen "Herthafans" zu, die fatalerweise genau hinter uns auf dem Weg nach Frankfurt ihr Quartier bezogen hatten. Vernunft und Anstand auf dem Bahnsteig vergessen hatten sie dafür reichlich Bier, Schnaps und Milchbrötchen dabei. Und Boxen, aus denen ab halb neun musikalische Höhepunkte der deutschen Kultur wie "Atemlos" von Helene Fischer oder "Oskar der kleine Killerelefant" schallten und mit Leidenschaft mitgegröhlt wurden. Die Jungens waren bald so voll wie die Kloschüssel der Zugtoilette, in der die Spülung nicht funktionierte. Erst später ging man dann über zu Hertha-Fanliedern, wobei fehlende Textsicherheit durch Lautstärke wettgemacht wurde. 4 Stunden begleitete uns dieses zunehmend alkoholisierte Halbstarken-Kollektiv und war gleichzeitig Stoff für ausgesprochen intelligente Gespräche meiner Mitfahrer über Fußball, Fans und Ultras.
Die beiden angenehmeren der vier Mitfahrer fuhren nur eine kurze Strecke und bald waren wir zu dritt. Ein ergrauter Mann aus der Rentenversicherung, eine quietschbunt (alles aus "Preimarkt") angezogene Mittvierzigerin "aus der Gastronomie" und icke.

Weil sie eine tödliche Wolke aus billigstem Parfum mit sich zog, entfernte ich mich unauffällig immer weitmöglichst von den Beiden. Ich bekam von dem Gestank und von dem dämlichen Gequatsche über die ungerechte Welt und "die" schlimmste Kopfschmerzen.
Etwa alle 15 Minuten klingelte das Telefon der Dame. Dann kramte sie es aus unzähligen Taschen, Handytaschen und Hüllen hervor während der nervtötende Klingelton immer lauter wurde bis auch jeder im Waggon wusste, dass Mutti jetzt (wieder) mit Töchterchen telefonierte.
Dann wurde erst abgearbeitet, wo sich Mutti jetzt befindet, wobei sie das oft bis zu dreimal in den Hörer schreien musste, dann was gerade gegessen wurde, wird oder geplant wird zu essen und dann ging es mit weiterem sinnvollen Smalltalk weiter.

Das ist ja alles noch fast normal, wenn auch zum in die Sitzpolster beißen. Richtig lustig wurde es beim vorletzten Umsteigen. Es gelang meiner Reisebegleitung (damit meine ich beide) nicht, ihre Koffer, Taschen, Jacken und was sie sonst noch alles mit sich herumschleppten in dem Zeitfenster von Ansage des Bahnhofs bis erneuter Abfahrt des Zuges zusammenzuraffen. Auch nicht nachdem ich sie (so höflich wie ich noch dazu imstande war) zur Eile antrieb. Wir standen vor verschlossener Zugtür und fuhren weiter, in die falsche Richtung.
Während die beiden sich vor aufgeregtem Gegacker überschlugen ("der hat doch keine 30 Sekunden gehalten!", "das können die doch nicht machen!", "das gibts doch nicht" und immer wieder "Jetzt fahren wir weiter. Jetzt fahren wir zu weit..."), platzte ich vor Wut bald. Immerhin war ich zu der Zeit schon 11 Stunden Zug gefahren und hatte mir eine ganze Menge Müll anhören müssen.
Während ich also versuchte, eine neue Verbindung zu finden, bemerkte die Dame, dass ihr Kakao in der Tasche ausgelaufen war. Schon alleine 11 Stunden lang so einen Kakaobecher mit Aludeckel in der Handtasche mit sich herumzutragen ist doch ein klar formuliertes "dich brauch ich nicht!" an den gesunden Menschenverstand. Sie schwenkte also völlig entsetzt den kaputten Kakaobecher herum und entleerte einen halben Liter der wirklich nach Rückwärtsgegessenem stinkenden Brühe weiter in ihre Tasche, über den Fußboden, ihren Koffer und schließlich auch die Reisetasche des Herrn. Der war bedauernswerterweise nur für zwei Tage verreist und hatte genau ein einziges Hemd darin - das war jetzt nicht mehr ganz so weiß.
Mitten rein in dieses Chaos kam der nächste Halt, scheinbar ganz überraschend für den Herren, denn als wir auf dem Bahnsteig standen fiel uns auf, dass er den Ausstieg nicht geschafft hatte.
Wie egal mir das dann war kann sich keiner vorstellen.

Die Eskapade führte dazu, dass sich die Zugfahrt noch um ein Stündchen verlängerte und ich meinen Enkeln später was zu erzählen habe. Zum Glück verabschiedete sich auch meine letzte Mitfahrerin relativ bald und ich hatte endlich meine Ruhe.
Um zehn Uhr abends, nach 15 Stunden, hatte ich dann weder sportlich etwas erreicht, noch ein gutes Buch gelesen, hatte kein Geld verdient und auch sonst nichts Sinnvolles erledigt, aber ich war am Ende meiner Reise angelangt, und hatte dafür nur 7,30€ bezahlt. Vor Kopfschmerzen und Müdigkeit konnte ich kaum einen klaren Gedanken fassen, aber eins wusste ich ganz sicher: "NIE WIEDER!"

Mal sehen, wie lange es dauert, um diesen guten Vorsatz wieder voll jugendlichen Leichtsinns und Optimismus zu vergessen. Ich befürchte, nicht lange genug.

Freitag, 17. Januar 2014

Hoch und runter, und hoch und runter, und wieder...

Manchmal liege ich abends im Bett und denke mir, ich werde sie alle wegfegen. Dann habe ich die Liste an "Werken" in meinem Kopf und bin von jedem einzelnen überzeugt.
Dann gibt es wieder diese schrecklichen Momente in denen ich mir sicher bin, alles zu verhauen, in die ganz falsche Richtung zu arbeiten, nicht genug Zeit zu haben und dass alles was ich bis jetzt fabriziert habe ausnahmslos großer Mist ist. Ich werde es niemals schaffen, es hat keinen Sinn, ich sollte mir einen langweiligen Studiengang suchen der meinen Kompetenzen entspricht...

Bitte hört nicht auf zu beten! Manchmal stecke ich in einer Krise, kann vor Panik keinen klaren Gedanken mehr fassen und würde mich am liebsten unter dem Teppich verkriechen und nie wieder hervorkommen. Und dann, innerhalb von Minuten ändert sich das, ich habe eine neue Idee, neuen Mut, und fange an weiterzuarbeiten.
Ich bin mir ganz sicher, dass das davon kommt, dass in dem Moment gerade jemand gebetet hat. Genauso wie die Ideen, die aus heiterem Himmel kommen, meistens kurz bevor ich einschlafe. "Jetzt hat jemand Gott in den Ohren gelegen", denke ich mir dann. Und "Danke".

Ich spüre, dass Gott mich trägt. Ich habe schon eine ganze Menge umgesetzt, ich arbeite tatsächlich Tag für Tag meine Liste ab, merke, dass ich dabei sehr viel lerne. Auch wenn im Moment wieder so eine Phase ist in der ich alles anzweifle... ich glaube es kommt so langsam was zusammen. Das Wichtigste ist, immer weiterzumachen; das gilt vielleicht für jeden Bereich im Leben.
Spannend wird es am 31. Januar, da ist die nächste Mappenberatung. Ich fürchte niederschmetternde Kritik und hoffe auf aufmunternde, anspornende Worte...
Deadline ist, wie ich heute erfahren habe, der 28. März. Da ist Mappen- und Hausaufgabenabgabe. Am 29. sind schon die Gespräche. Und dann - warte ich auf die e-Mail. Da bekomme ich jetzt schon Herzrasen.

Übrigens kann ich vielleicht sogar Unterstützung bekommen in dieser Zeit. Mein Antrag auf Arbeitslosengeld läuft, ich habe mich anderthalb Stunden durch stapelweise Formulare gekämpft und verschiedene Leute mit den ganzen Sachen, die ich zu kopieren und drucken hatte verrückt gemacht. Jetzt kommt es nur noch darauf an, ob ich meinem Jobvermittler die Situation einleuchtend erklären kann. Das passiert dann nächsten Mittwoch.

Danke Gott, dass das alles gar nicht so schlimm war mit dem Antrag auf Arbeitslosengeld.
Danke, dass es so viele Menschen gibt, die an mich denken und mir immer wieder Mut machen.
Danke, dass es bei MäcGeiz gutes Aquarellpapier gibt.
Danke, dass ich bald steinalt werde und dann ein paar Tage Energie tanken kann.
Danke, dass heute so schön die Sonne geschienen hat. Ich freue mich auf den Frühling in Berlin!
Danke, dass die Strecke zu Oma und Opa so sensationell gut mit dem Fahrrad zu fahren ist. Du hast wirklich an alles gedacht.
Danke, dass das vor mir liegende Jahr voller "Freu-Punkte" ist. Lauter schöne Termine, auf die man hinarbeiten kann.
Danke, dass der Aldi Fotoservice heute zwei Dateien geschluckt hat, die über 10MB groß waren, obwohl eigentlich vorher dastand, dass das nicht sein darf.
Danke für Cathie, die sich Gedanken um meinen Geburtstag macht. Toll, was du für Leute aufgetrieben hast um mit mir zusammen zu wohnen!
Danke, dass morgen Samstag ist. Bitte lass mich ganz viele gelbe Dinge in der Stadt entdecken!